Überblick: Wachstumsregion mit Bewertungsabschlag
Die Aktienmärkte Mittel- und Osteuropas (CEE), ausgenommen Russland, erhalten bislang wenig Aufmerksamkeit internationaler Anleger. Angesichts der fundamentalen Datenlage ist das nicht gerechtfertigt. Die Region vereint überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum, günstige Bewertungen und eine sektorale Struktur, die in der aktuellen geopolitischen Lage von Vorteil ist. Gleichzeitig sind politische Unsicherheiten und eine geringere Markttiefe Risiken, die es gezielt zu adressieren gilt.
1. Dynamisches Wirtschaftswachstum als Treiber für Aktienkurse
Die Volkswirtschaften vieler CEE-Länder wie Polen, Rumänien und Tschechien haben sich in den letzten Jahren deutlich dynamischer entwickelt als die der westeuropäischen Staaten. Getragen wird dieses Wachstum durch eine stärkere Inlandsnachfrage, umfangreiche EU-Fördermittel und staatlich finanzierte Infrastrukturprojekte. Die überwiegend binnenorientierte Struktur der CEE-Volkswirtschaften macht sie zudem weniger anfällig für die globalen Handelskonflikte, insbesondere jene, die durch die jüngsten US-Zollpolitik ausgelöst wurden.
Nach dem krisenbedingten Einbruch der Aktienmärkte in der Region im Zuge des Ukraine-Kriegs (-38 % bis Ende 2022) hat sich der CEE-Aktienmarkt bemerkenswert erholt: Seit dem zyklischen Tiefpunkt legten die Kurse um 140 % zu und übertrafen damit deutlich den Anstieg des STOXX Europe 600 (+45 %). Seit Jahresbeginn 2025 beträgt der Zuwachs bereits 30 % (zum Vergleich: STOXX Europe 600 +7 %).
Diese Entwicklung unterstreicht den langfristigen Trend zur wirtschaftlichen Konvergenz mit Westeuropa. Insbesondere können die Region von einem demografischen Vorteil, einer gut ausgebildeten Bevölkerung sowie steigenden Direktinvestitionen profitieren. Im Jahr 2023 flossen rund 700 Mrd. Euro aus Europa, dem Nahen Osten und Afrika sowie 50 Mrd. Euro aus dem Asien-Pazifik-Raum in die Region. Diese Investitionen unterstreichen das Vertrauen multinationaler Konzerne in die Wettbewerbsfähigkeit der CEE-Länder.
2. Sektorstruktur als strategischer Vorteil
Die Branchenstruktur des MSCI CEE-Index zeigt eine Konzentration auf besonders konjunkturstarke und margenstarke Sektoren. Insbesondere der Finanzsektor profitiert vom robusten Konsum und höheren Zinssätzen in der Region. Energiewirtschaft, Versorger und zyklische Konsumgüterunternehmen profitieren von EU-Investitionen und einer stabilen Inlandsnachfrage.
Darüber hinaus gehören die wichtigsten Indexländer – Polen, Ungarn, Rumänien und Tschechien – zur Europäischen Union und bieten dadurch rechtliche Planungssicherheit, Zugang zu institutionellen Strukturen und langfristige Investitionssicherheit. Diese Faktoren sorgen für Vertrauen bei internationalen Anlegern und begünstigen stabile Gewinnperspektiven. Gerade in einem Umfeld globaler Fragmentierung kann die weitgehende Unabhängigkeit der CEE-Region von US-Handelsverwerfungen zu einem stabilisierenden Faktor für Unternehmensgewinne werden.
Die Gewinnwachstumsprognosen für 2025 reflektieren genau diese Vorteile. Laut aktuellen Daten liegt das erwartete Gewinnwachstum der im MSCI CEE vertretenen Unternehmen deutlich über jenem der Unternehmen im STOXX Europe 600.
3. Bewertungsabschlag als Renditechance
Trotz starker Fundamentaldaten und dynamischem Wachstum handelt die CEE-Region mit einem deutlichen Bewertungsabschlag gegenüber den etablierten europäischen Märkten. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt rund 40 % unter dem Durchschnitt des STOXX Europe 600. Besonders ausgeprägt ist dieser Abschlag in den dominierenden Value-Sektoren wie Finanzwerte, Energie und zyklischer Konsum, die zusammen etwa 70 % des MSCI CEE ausmachen. In Westeuropa machen diese Sektoren lediglich rund 40 % der Indexstruktur aus.
Der Bewertungsabschlag reflektiert jedoch nicht allein fundamentale Risiken. Vielmehr spiegeln sich darin auch strukturelle Marktschwächen wie geringere Liquidität, politische Unsicherheiten und Währungsschwankungen wider. Anleger müssen sich dieser Risiken bewusst sein, denn insbesondere geopolitische Entwicklungen wie hybride Einflussversuche Russlands oder politische Instabilität können die Marktstimmung temporär belasten.
Fazit: Chancen erkennen, Risiken steuern
Die Aktienmärkte Mittel- und Osteuropas zählen im Jahr 2025 zu den spannendsten Regionen für europäische Anleger. Eine Kombination aus strukturellem Wachstum, attraktiver Sektorstruktur und deutlichem Bewertungsabschlag macht die Region interessant für strategische Allokationen. Dabei empfiehlt sich ein selektiver Ansatz, der politische Risiken einpreist, aber die mittel- bis langfristigen Potenziale der Region nicht unterschätzt.
CEE ist kein Selbstläufer, aber eine überlegte Beimischung, insbesondere in Ländern wie Polen, Rumänien oder Tschechien, könnte sich langfristig als rentabler Beitrag zur Diversifikation europäischer Aktienportfolios erweisen.
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