Zu viel Gelassenheit im Kreditmarkt
Die Marktteilnehmer im europäischen Unternehmensanleihemarkt zeigen sich bislang erstaunlich unbeeindruckt von den jüngsten handelspolitischen Entwicklungen. Die US-Zölle, die unter Präsident Trump am sogenannten „Liberation Day“ angekündigt wurden, haben zwar kurzfristig zu einer Ausweitung der Risikoaufschläge geführt – jedoch blieb eine nachhaltige Reaktion bisher aus. Die aktuellen Bewertungen lassen kaum Rückschlüsse auf eine tatsächliche Verschlechterung der Kreditqualität europäischer Emittenten zu.
Nur kurzzeitige Reaktion auf Zolldynamik
Nach einem kurzen Ausschlag bei den Spreads haben sich die Risikoaufschläge am Markt schnell wieder stabilisiert. Im bisherigen Jahresverlauf verzeichnen sowohl Investment-Grade- als auch High-Yield-Anleihen positive, wenn auch moderate Renditen. Der iBoxx-Index für hochverzinsliche, hybride Unternehmensanleihen liegt bei einem Plus von 1,1 %, der Index für vorrangige Investment-Grade-Anleihen im Nicht-Finanzsektor bei 0,8 %.
Die Schwankungen seit dem Zollereignis bewegen sich deutlich unter dem Niveau vergangener Krisenphasen – etwa der Finanzkrise 2008, der europäischen Staatsschuldenkrise oder dem Markteinbruch während der COVID-19-Pandemie.
Ausblick: Spreads spiegeln Risiken nicht wider
Die aktuellen Spreads geben aus Sicht vieler Marktbeobachter ein zu optimistisches Bild ab. Zwei zentrale Faktoren sprechen dafür, dass sich die Risikoprämien in den kommenden Monaten ausweiten könnten:
- Branchen mit direkter Zollbelastung: Die angekündigten Handelsmaßnahmen treffen zentrale Industriezweige wie Automobil- und Zulieferbetriebe, Rohstoffe, Chemie, Maschinenbau und Technologie – diese Bereiche repräsentieren zusammen fast 40 % des iBoxx-Investment-Grade-Universums außerhalb des Finanzsektors. Die Unsicherheit über den weiteren Verlauf der US-Handelspolitik führt bereits jetzt zu Zurückhaltung bei Investitionsplänen und Prognosen vieler Unternehmen.
- Gemischte Ergebnisse in der Berichtssaison: Bereits im ersten Quartal 2025 zeigten sich die Unternehmensgewinne uneinheitlich. Nur 56 % der berichtenden Unternehmen übertrafen die Erwartungen – ein schwacher Wert im historischen Vergleich. Besonders außerhalb der defensiven Sektoren (Gesundheit, Basiskonsum, Versorger) dominierten enttäuschende Ergebnisse. Da die Auswirkungen der Zölle bisher noch nicht in den gemeldeten Zahlen enthalten sind, ist mit einer weiteren Eintrübung in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen.
Hohe Kassenbestände stützen – aber nur kurzfristig
Viele Unternehmen verfügen aktuell noch über komfortable Liquiditätsreserven. Diese dienen kurzfristig als Puffer und wirken einem unmittelbaren Anstieg der Ausfallrisiken entgegen. Mittel- bis langfristig dürfte dieser Effekt jedoch verblassen, insbesondere wenn operative Margen unter Druck geraten und Investitionen weiter zurückgestellt werden.
Prognosen deuten auf eine Ausweitung der Risikoaufschläge bis Jahresende hin: Für den iBoxx Investment Grade Senior Index wird ein Anstieg auf rund 115 Basispunkte erwartet, für den High-Yield-Bereich auf etwa 420 Basispunkte.
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