EZB dürfte Zinszyklus fortsetzen – Tarife schieben Inflation in Richtung Zielmarke
Die Europäische Zentralbank steht vor ihrer nächsten geldpolitischen Entscheidung. Angesichts gestiegener Abwärtsrisiken für die Konjunktur dürfte am Donnerstag eine Senkung des Einlagensatzes um 25 Basispunkte erfolgen. Der jüngste Schock durch US-Zölle dürfte die Inflationsentwicklung weiter in Richtung der 2 %-Marke beschleunigen. Eine Fortsetzung der Zinssenkungen in den kommenden Monaten erscheint wahrscheinlich. Der Einlagensatz dürfte nach aktueller Einschätzung bei 1,75 % seinen Tiefpunkt finden.
Wirtschaftliche Unsicherheit verstärkt Handlungsdruck
Noch vor wenigen Wochen war der geldpolitische Kurs der EZB unklar. Seit der Eskalation des Handelskonflikts durch US-Präsident Donald Trump am 2. April ist die Lage eindeutiger: Die damit verbundene Unsicherheit und die gestiegenen Finanzierungskosten in der Eurozone verschieben das wirtschaftliche Risiko deutlich nach unten. Zwar sind fiskalische Impulse aus Deutschland und auf EU-Ebene angekündigt, deren Wirkung dürfte jedoch frühestens ab 2026 spürbar sein. In der Zwischenzeit trüben sich die Aussichten für Investitionen und Exporte ein, was die Wachstumsdynamik bereits in den kommenden Quartalen bremsen dürfte. Die Prognosen liegen derzeit bei einem BIP-Wachstum von nur 0,1 % bis 0,2 % je Quartal.
Inflation dürfte sich schneller dem Ziel nähern
Mehrere Faktoren sprechen dafür, dass die Teuerungsrate schneller zum Ziel der EZB zurückkehrt:
- Der Euro hat seit Anfang April gegenüber dem US-Dollar an Wert gewonnen – entgegen der klassischen Annahme bei steigender Unsicherheit.
- Die schwache Konjunkturentwicklung dürfte den Preisdruck zusätzlich dämpfen.
- Die Preise für Energie sind im Zuge der globalen Wachstumssorgen deutlich gefallen.
- Die EU reagiert bislang zurückhaltend auf die US-Zölle, was mögliche Eskalationen zunächst begrenzt.
- Ein Teil der chinesischen Exporte, die ursprünglich für die USA bestimmt waren, dürfte nach Europa umgeleitet werden – mit preisdämpfender Wirkung.
Konjunkturdaten liefern zusätzliches Argument
Auch die jüngsten Konjunkturdaten stützen den Fall für eine Zinssenkung. Die im März veröffentlichten Umfragen zu Unternehmensstimmung zeigen nur verhaltene Fortschritte. Die Verbraucherpreise bestätigen den disinflationären Trend, insbesondere im Dienstleistungsbereich. Die Ergebnisse der anstehenden Kreditumfrage dürften angesichts ihres Erhebungszeitraums vor dem 2. April nur begrenzte Aussagekraft für die aktuelle Lage haben.
Weitere Maßnahmen nur bei Zuspitzung der Lage
Ein größerer Zinsschritt von 50 Basispunkten ist derzeit unwahrscheinlich – es sei denn, es kommt kurzfristig zu erheblichem Stress an den Finanzmärkten. Sollte es zu einem plötzlichen Anstieg der langfristigen Zinsen kommen, etwa durch externe Schocks, könnte die EZB ihr Programm zur Bilanzreduktion stoppen oder verlangsamen. Für das Gesamtjahr werden weitere Zinssenkungen im Juni und September erwartet.
Anleihenmärkte: Reaktion weitgehend eingepreist
Die Renditen auf Geldmarktpapiere preisen bereits eine Lockerung der Geldpolitik um rund 75 Basispunkte bis Jahresende ein – ein Niveau, das dem unteren Rand des von der EZB definierten neutralen Korridors entspricht. In früheren EZB-Sitzungen war häufig ein Anstieg der Renditen zehnjähriger Bundesanleihen zu beobachten, während die Reaktion bei zweijährigen Papieren gemischt ausfiel. Auch dieses Mal dürfte sich die Kurve leicht versteilen.
Keine klare Linie zur Bilanzpolitik zu erwarten
Nach der Entscheidung der US-Notenbank, die Bilanzreduktion zu verlangsamen, dürften Fragen an die EZB zur eigenen Strategie folgen. Eine konkrete Aussage von Christine Lagarde gilt jedoch als unwahrscheinlich, da der Abbau des Anleiheportfolios Teil einer längerfristigen Strukturreform ist.
EUR-USD bleibt robust – Zinsentscheidung dürfte wenig bewegen
Der Euro hat gegenüber dem US-Dollar zuletzt deutlich zugelegt – getrieben von der Ankündigung eines 90-tägigen Moratoriums für neue US-Zölle. Gleichzeitig haben sich Volatilität und Absicherungsprämien im Optionsmarkt erhöht. Die Marktteilnehmer bevorzugen zunehmend Call-Optionen auf den Euro, was auf eine anhaltende Unsicherheit und eine leicht negative Einschätzung von US-Vermögenswerten hindeutet. In diesem Umfeld dürfte ein Zinsschritt der EZB kaum Einfluss auf die Euro-Stärke haben. Das Währungspaar EUR-USD dürfte oberhalb von 1,13 bleiben.
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