US-Notenbank im Visier – Trumps Einfluss auf die Fed und neue rechtliche Risiken

US-Notenbank im Visier – Trumps Einfluss auf die Fed und neue rechtliche Risiken

Brisantes Treffen im Weißen Haus

Ende Mai traf sich US-Notenbankchef Jerome Powell auf Einladung von Donald Trump im Weißen Haus. Laut offizieller Mitteilung der Fed ging es um „wirtschaftliche Entwicklungen“ – ein vage gehaltener Vermerk, der viele Marktteilnehmer aufhorchen ließ. Nur wenige Tage zuvor hatte der Oberste Gerichtshof der USA ein Urteil gefällt, das möglicherweise Trumps Autorität stärkt, hochrangige Beamte unabhängiger Behörden – womöglich auch den Fed-Chef – zu entlassen.

Solche Treffen zwischen Präsidenten und Fed-Vorsitzenden sind selten, aber nicht ohne historische Vorbilder. Lyndon B. Johnson etwa bedrängte in den 1960er-Jahren seinen damaligen Notenbankchef William McChesney Martin körperlich und verbal, um Zinssenkungen zu erzwingen. Richard Nixon traf sich dutzendfach mit Arthur Burns, dessen lockere Geldpolitik später als Mitverursacher der Inflation gilt. Auch Paul Volcker, Ben Bernanke und Powell selbst hatten in der Vergangenheit Gespräche mit Präsidenten – allerdings meist in Krisensituationen oder ohne größeren Druck.


Gerichtsurteil schwächt institutionelle Unabhängigkeit

Mehr Aufmerksamkeit als das Treffen selbst erregt jedoch ein Urteil des Supreme Court vom 22. Mai im Fall Trump v. Wilcox. Die Richter ermöglichten es dem Präsidenten, Mitglieder unabhängiger Behörden wie dem National Labor Relations Board zu entlassen. Begründet wurde dies mit deren „exekutiver Macht“, womit sie formal dem Präsidenten unterstellt seien.

Zwar nahm das Gericht die Fed explizit aus – mit Verweis auf ihre „einzigartige historische Struktur“ –, doch ist diese Argumentation weder kohärent noch historisch korrekt. Die genannten historischen Vorbilder, die First und Second Bank of the United States, waren rein privatwirtschaftliche Einrichtungen ohne aufsichtsrechtliche Befugnisse. Im Gegensatz dazu ist die heutige Fed klar gesetzlich verankert, besteht aus sieben öffentlich ernannten Vorstandsmitgliedern und hat umfassende Aufsichts- und Steuerungsaufgaben für das US-Finanzsystem.

Die Argumentation der Richter, die Fed sei ein „quasi-privates“ Institut, das sich einer Sonderstellung erfreue, wirkt konstruiert und bietet keine solide rechtliche Grundlage. Der Verweis auf frühere Urteile wie Seila Law v. CFPB bleibt oberflächlich – dort wurde lediglich die Absetzung von Agenturleitern mit Einzelverantwortung erlaubt, ohne eine explizite Regelung zur Fed.


Risiko eines politischen Eingriffs wächst

Obwohl der aktuelle Entscheid die Fed formal schützt, legt er zugleich eine gefährliche Dynamik offen: Die richterliche Ausnahme wirkt willkürlich – und damit potenziell umkehrbar. Sobald Präzedenzfälle geschaffen werden, auf deren Grundlage politische Einflussnahme legitimiert wird, wächst das Risiko, dass auch die Fed in Zukunft zur Zielscheibe wird.

Donald Trump hat in der Vergangenheit wiederholt die Zinspolitik der Fed öffentlich kritisiert. Sollte er bei einem Wahlsieg 2025 erneut versuchen, durch politischen Druck auf die Notenbank Einfluss zu nehmen, könnte das neue Urteil als rechtlicher Hebel dienen – oder zumindest zur Abschreckung genutzt werden.


Ist die Fed-Unabhängigkeit in Gefahr?

Die Kombination aus persönlichem Druck auf den Fed-Vorsitzenden und einer neuen juristischen Grauzone stellt ein reales Risiko für die institutionelle Stabilität dar. Zwar betont die Fed, dass bei dem Treffen keine geldpolitischen Erwartungen besprochen wurden. Doch bleibt unklar, worum es tatsächlich ging. Das politische Klima, gepaart mit rechtlichen Veränderungen, könnte die bislang als selbstverständlich angesehene Unabhängigkeit der Notenbank infrage stellen.

Für Investoren und Marktbeobachter ist damit klar: Die geldpolitische Stabilität der USA könnte stärker von politischen Entwicklungen abhängen als bisher angenommen. Der nächste geldpolitische Zyklus dürfte nicht nur von Inflation, Arbeitsmarkt und Wachstum beeinflusst sein – sondern auch vom Wahlausgang im November.

— Haftungsausschluss —

Bitte beachte, dass die Informationen auf dieser Website nur zu Informationszwecken dienen und nicht als Anlageberatung betrachtet werden sollten. Wir sind keine lizenzierten Anlageberater, und die auf dieser Website vereffentlichten Informationen stellen keine finanzielle, rechtliche oder steuerliche Beratung dar.

Alle Informationen, Analysen, Meinungen, Kommentare und Empfehlungen auf dieser Website spiegeln unsere personlichen Ansichten wider und sollten nicht als Ratschlag fur deine Handelsentscheidungen betrachtet werden. Du bist allein verantwortlich kir deine Anlageentscheidungen und solltest dich vor jeder Anlageentscheidung mit einem qualifizierten Finanzberater in Verbindung setzen.

Der Handel mit Aktien und anderen Finanzinstrumenten birgt Risiken, und du solltest deine Risikobereitschaft sorgfaltig abwagen, bevor du eine Anlage tatigst. Die vergangene Performance von Wertpapieren garantiert keine zukUnftigen Ergebnisse.